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Abfindungsangebot annehmen, oder nicht? So unterstützt Finanzcoaching diese wichtige Entscheidung

Wenn der Chef plötzlich mit einem Abfindungsangebot um die Ecke kommt, dann ist das für manche ein ganz schöner Schock. Die Gefühle können reichen von großer Freude – weil lange herbeigesehnt – bis hin zu tiefer Verzweiflung, Ohnmachtsgefühlen, Enttäuschung, Wut. Keine guten Voraussetzungen für sachliche Verhandlungen mit dem Arbeitgeber. Du möchtest aber dein persönliches Ergebnis optimieren, das geht nur im Miteinander. Nicht eine hohe Bruttoabfindung ist das Ziel, sondern eine Gesamtlösung, bei der für dich möglichst viel Netto übrigbleibt.

Finanzcoaching ist klassisches Coaching mit Schwerpunkt auf Geldthemen. Kein Training und keine Finanzberatung, sondern (Zitat M. Müller FCM): „Ein Dialog über Geld und Risiko auf Augenhöhe“.

Gib deinen (negativen) Gefühlen Raum und Aufmerksamkeit

Wenn sich dein Arbeitgeber plötzlich von dir trennen will, kann sich das anfühlen wie die Trennung von einem langjährigen Partner, die du einfach nicht hast kommen sehen. Ein Arbeitsplatz bedeutet für viele soziale Bindung, Stolz, Anerkennung. Ein Kunde von mir beschrieb den Verlust seines Arbeitsplatzes einmal wie den Fall in ein tiefes Loch. Seine Lebensplanung war darauf ausgelegt, noch mindestens 7 Jahre bei seiner Firma zu arbeiten, vielleicht sogar noch einmal einen Karriereschritt zu gehen. Da kochen die Emotionen hoch! Er hatte schließlich jahrzehntelang alles getan, um seine Firma voranzubringen, und dabei nicht selten seine eigenen Bedürfnisse hintangestellt.

Und jetzt sowas. Diese Undankbarkeit und mangelnde Wertschätzung, die durch das Angebot vom Arbeitgeber kommuniziert wurde. Das Abfindungsangebot transportierte für ihn implizit die Nachricht: „Wir brauchen dich nicht mehr, du wirst aussortiert“, und vielleicht sogar „wir waren mit deiner Leistung unzufriedener, als du gedacht hast“.

Im Rahmen des Finanzcoaching konnte mein Kunde sich seinen Gefühlen und Ängsten explizit zuwenden, sie benennen, analysieren und ihnen nachspüren. Das ist ein ganz wichtiger Schritt, denn negative Gefühle und Ängste, denen du Raum gibst und die du einfach mal sein lässt – im Sinne von existieren lassen und beobachten – gehen zurück und werden kleiner. Sehr wichtig als Vorbereitung auf die Gespräche.

Bewahre im ersten Gespräch die Ruhe, auch wenn es schwerfällt

Man sollte meinen dass das Thema Abfindung und Aufhebungsverträge für den Arbeitgeber tägliches Business ist, und dass du deshalb mit einem hochprofessionellen Umgang seitens deines Chefs rechnen kannst. Das ist oft nicht der Fall.

Zum einen möchte deine Firma gerne eine Auflösung deines Arbeitsvertrages erwirken, weiß aber genau, dass du explizit zustimmen musst. Sonst bleibst du einfach an deinem Arbeitsplatz und es passiert – zumindest arbeitsrechtlich – nichts weiter. An der Stelle bist du also schon einmal im Vorteil, denn ohne deine Unterschrift geht nichts.

Zum zweiten ist die Person, die dir das Aufhebungsangebot überbringt, auch ein Mensch und oft auch Mitarbeiter:in desselben Unternehmens. Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass diese Person sich auch ein bisschen mit dir identifiziert und nachfühlen kann, wie ihr an deiner Stelle gehen würde. Wie würde es dir gefallen, jemandem sagen zu müssen, dass man sich von ihm trennen möchte? Mulmiges Gefühl? Schlechtes Gewissen? Dann weißt du ungefähr, wie es der anderen Person in eurem Gespräch geht. Nimm unbeholfenes Verhalten deines Gegenübers nicht persönlich.

Ich empfehle dir, ruhig und zurückhaltend zu bleiben. Du musst nicht viel sagen. Im ersten Gespräch reicht ein „Danke, ich werde mir die Unterlagen in Ruhe ansehen“, vielleicht noch mit einem „Oh, das kommt sehr überraschend“ (natürlich nur wenn es stimmt).

Begegne Existenzängsten, indem du sie benennst und dann auf ihren Wahrheitsgehalt prüfst

Klar, wenn plötzlich das regelmäßige Einkommen wegfällt, entstehen plötzlich ganz seltsame Bilder im Kopf. Bei mir zum Beispiel ist das immer das Bild, indem ich mit einer Zeitung bedeckt unter einer Brücke schlafe. Eine Kundin sagte einmal „Das ist so ein bisschen wie freier Fall. Ich kann mich einfach nirgendwo mehr festhalten und nichts stützt mich mehr.“

Auch diese vermeintlich konkreten existenziellen Ängste lohnt es sich im Finanzcoaching näher zu beleuchten. Gibt es Beispiele in der Familie, dass jemand seinen Job verloren hat und abgestürzt ist? Oder gibt es vielleicht Beispiele, dass jemand trotz Jobverlust später besser dastand als vorher? Und welche Ressourcen trägt meine Kundin in sich, die ihr helfen, sich gegen das freie Stürzen zu wappnen?

Denn ganz ehrlich: Sie wird nicht 10 Minuten nach Ende ihres Arbeitsverhältnisses unter der Brücke liegen oder verhungern. Sie wird eine Zeitlang überleben. Und die Frage ist, wie lang wird diese „Zeitlang“ sein.

Es geht jetzt darum, ganz konkret und unter Berücksichtigung aller Zahlen, Daten, Fakten herauszufinden, wie sie ihr Leben ohne diesen speziellen Job gestalten kann – nicht nur finanziell. Was will sie vom Leben? Was wird sie vermissen, wenn der Job weg ist? Welche Elemente und Begleiterscheinungen ihrer bisherigen Tätigkeit wird sie froh sein, endlich hinter sich zu lassen?

Und für die Zukunft: Wovor hat sie konkret Angst, was befürchtet sie? Und worauf kann sie sich freuen, was der bisherige Job gebremst oder verhindert hat?

Als probates Mittel gegen Existenzangst gilt: hinsehen. Dann also jetzt mal konkret:

Zahlen, Daten, Fakten

Wir alle nutzen Geld als Projektionsfläche. Im Fall der Abfindung: Je höher die Abfindungssumme, desto mehr hat der Arbeitgeber „geblutet“ für seine Undankbarkeit, seine mangelnde Wertschätzung deiner Arbeit, seine plötzliche „Untreue“ nach so langer Zusammenarbeit.

Nur, die Brutto-Abfindungssumme sollte für dich nicht das Maß aller Dinge sein. Die Abgaben, also Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nach Ende des Arbeitsvertrages und vor allem die Steuern auf die Abfindung hängen ganz entscheidend von der zeitlichen Konstellation ab. Du kannst zum Beispiel mehrere 10.000 € sparen, wenn du es schaffst, die Abfindung ein Steuerjahr zu schieben, in dem sie möglichst ungestört durch andere Einkünfte ausgezahlt wird. Wenn du Mitte 40 bist, wird das schlecht möglich sein, weil du hoffentlich direkt im Anschluss einen neuen Job findest, in dem du genauso viel verdienst wie vorher.

Aber ab Mitte 50 lohnt es sich, darauf zu achten, wann genau die Abfindung gezahlt wird. Wenn du z. B. Ende eines Jahres das Unternehmen verlässt und im letzten Monat deine Abfindung erhältst, kann die Steuerlast je nach Abfindung und Jahreseinkommen ungefähr so hoch sein wie dein Brutto-Jahreseinkommen. Das heißt: ein Jahr fast umsonst gearbeitet.

Lässt du dir die Abfindung dagegen am Anfang des Folgejahres auszahlen und hast keinen Anschlussjob oder sonstige Einkünfte in dem Jahr, dann fällt die Steuer auf deine Abfindung wesentlich niedriger aus. Ergebnis: deutlich mehr Netto in deiner Tasche.

Willst du Arbeitslosengeld beziehen und beantragst es direkt im Anschluss an dein Arbeitsverhältnis, dann verhängt die Arbeitsagentur eine Sperrfrist für 12 Wochen. In der Folge wird die Anzahl der Monate, in denen du Arbeitslosengeld bekommst, um ein Viertel gekürzt. Verschiebst du aber deinen Anspruch um ein Jahr, dann entfällt die Sperrfrist und damit die Kürzung. Wieder mehr Netto für dich.

Die zeitliche Verteilung der Schritte deiner Abfindungsregelung hat also deutlich mehr Einfluss auf deinen persönlichen Benefit als die Höhe der Brutto-Abfindung. Ein Kunde sagte im letzten Abfindungskurs wörtlich: „Schade, dass ich meine Abfindung schon erhalten habe. Wenn ich das alles vorher gewusst hätte, hätte ich viele tausend Euro weniger versenkt“.

Im Finanzcoaching geht es auch immer wieder um die Frage, was dir wichtiger ist: das Geld, das dir absolut zur Verfügung steht, oder die Zahl auf dem Papier, die zeigt, wie teuer dein Abschied für deine Firma ist.

Rechnen ganz konkret

Wenn ich mit meinen Kund:innen ihren jeweiligen Fall durchspiele, dann sprechen wir ganz simpel über Ausgaben und Einnahmen. Und wenn wir in diesem Satz „ganz simpel“ durch „richtig komplex und detailliert“ ersetzen, ist er genauso richtig.

Die Einnahmen sind quasi durch die vorhandenen Produkte und Einkünfte der Kundin definiert. Ich sorge dafür, dass sie korrekt ermittelt werden und richtig in die Prognose einfließen.

Die Ausgaben sind Part des Kunden. Zugegeben, ein anstrengender Part. Denn sie meisten von uns sind es nicht gewohnt, ihre Ausgaben im hier und jetzt jederzeit präsent zu haben, und erst recht nicht für die Zukunft. Aber es lohnt sich: Mit dem Überblick über Einnahmen und Ausgaben kannst du jederzeit feststellen, wie lange dein Geld reichen wird. Und damit auch Szenarien vergleichen: Wie lange reicht mein Geld, wenn ich die Abfindung annehme? Wie lange reicht mein Geld, wenn ich nicht annehme und stattdessen weiterarbeite?

Mehr zum Thema „Wie lange reicht mein Geld“ in verschiedenen Szenarien findest du hier.

Dieser Unterschied hilft dir bei deiner Entscheidung. Wenn du 7 Jahre vor der Rente schon aufhörst zu arbeiten und du deshalb schon mit 76 anstatt mit 80 nicht mehr auf den Malediven urlauben kannst, dann ist dieses Ergebnis eine Entscheidungsgrundlage.

Darum geht es hier: du sollst gute Entscheidungen treffen können, weil du die Alternativen genau kennst. Und weil du dich selbst kennst. Das ist das Ziel des Finanzcoaching.

Jetzt hast du deine Entscheidung getroffen und weißt, mit welchem Unterschrifts-, Austritts-, Auszahlungsdatum deine persönliche Abfindungslösung optimal wäre. Vielleicht hast du noch ein paar Ideen für Goodies (Freistellung, Weiterbildung vor Austritt, …) oder handfeste Gründe, warum deine Abfindung höher ausfallen sollte. Es geht „nur“ noch darum, deine Verhandlungspartner im Unternehmen von der Anpassung der Konditionen zu überzeugen.

Erfolgreiche Verhandlungen brauchen Zeit und Geduld

Die Vorbereitung solcher Gespräche im Finanzcoaching umfasst je nach Komplexität der Situation auch eine Aufstellung sämtlicher beteiligter Personen und Rollen. Wer verfolgt welche Ziele in dem ganzen Spiel? Wenn du in die Verhandlungen über die Konditionen der Aufhebungsvereinbarung gehst, brauchst du vorher Klarheit über deine eigenen Gefühle und über die Gefühle und Intentionen der anderen Beteiligten.

Zu Beginn äußerst du einmal klipp und klar, welche Anpassungen du dir wünschst. Wird dem stattgegeben, prima. Wenn nicht, dann ruhig bleiben und nichts überstürzen. Für rein organisatorische Änderungen (z. B. das Datum der Auszahlung) suche dir Menschen, die dein Anliegen unterstützen.

Wem nützt deine Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag? Deiner Chefin oder dem Personaler, wegen der Zielerreichung? Dann können sie zu deinen Verbündeten werden – dafür müsst Ihr euch nicht einmal besonders mögen. Sprich deinen Wunsch hin und wieder an und bitte sie, bei Entscheidern ein gutes Wort einzulegen. Es geht schließlich für das Unternehmen nicht um Geld. Mach es deinen Gesprächspartnern leicht, dir gedanklich und emotional zu folgen und dich zu unterstützen.

Geht es um Geld (Erhöhung der Abfindung o.ä.), dann brauchst du gute Gründe und/oder viel Leidensdruck auf der anderen Seite.

Egal was geschieht: Übe dich in freundlicher Geduld und kalkuliere 3-6 Monate ein, bis ihr die Vereinbarung wirklich geschlossen habt.

Zusammenfassung / Tipps

Beobachte deine Gefühle im Zusammenhang mit dem Abfindungsangebot

Beobachte deine Gesprächspartner und versuche sie zu verstehen

Du sitzt am längeren Hebel (zumindest bei einem Angebot, nicht bei einer Betriebsschließung). Deine Firma hat ein Anliegen und will sich mit dir einigen.

Überleg dir genau, was du willst und höre auf dich – bevor du dir die Finanzen im Einzelnen anschaust.

Nicht die Abfindungssumme ist entscheidend, sondern das Netto, das du am Schluss herausbekommst. Und eigentlich ist entscheidend, wie weit du insgesamt mit deinem Geld kommst. Dafür lohnt sich eine Analyse deiner Finanzen für das ganze Leben.

P.S. Willst du mit deinem Geldthema endlich weiterkommen?

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